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Jiyûka mit Kirsche

ichi-go ichi-e ist eine japanische Weisheit, die mit "eine Zeit, eine Bedeutung" übersetzt werden kann. Dieses Konzept betont die Wertschätzung und den Wert des Augenblicks, indem es darauf hinweist, dass jedes Treffen oder jede Begegnung einzigartig und unwiederholbar ist. 

Jiyuka mit KirscheMeine Ikebana Kollegin Sabine hatte kürzlich Kontakte zum Unternehmen Historische Bauelemente in Marwitz geknüpft, das auf 46.000 qm so ziemlich alles anbietet, was man für die Restaurierung eines alten Gehöfts oder einer alten Villa braucht: „Historische Bauelemente und Antiquitäten von der Renaissance bis Bauhaus und DDR-Sachlichkeit“. Am 6. April hatten wir – Sabine & friends – also die Gelegenheit Ikebana von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr einem interessierten Publikum zu präsentieren. Damit war die Voraussetzung für so einen ichi-go ichi-e Moment geschaffen.

Ursprünglich stammt diese Weisheit aus der Teezeremonie, einem traditionellen japanischen Ritual, das eine besondere Form der Gastfreundschaft und des Respekts symbolisiert. 

Während der Teezeremonie wird jeder Moment als kostbar betrachtet, und die Teilnehmer werden ermutigt, den Augenblick vollständig zu erleben, ohne sich um Vergangenes oder Zukünftiges zu sorgen.

ichi-go ichi-e erinnert uns daran, dass das Leben aus einer Abfolge von Momenten besteht, die ständig im Fluss sind. Jeder Moment, den wir erleben, ist einzigartig und kann nie genau wiederholt werden. Daher sollten wir jeden Augenblick bewusst wahrnehmen und schätzen, ohne uns von Gedanken oder Sorgen ablenken zu lassen.

An diesem Wochenende wurde nun das Hanami in den Gärten der Welt gefeiert und die japanische Kirsche steht derzeit überall in Berlin in voller Blüte. Deshalb war für mich das Material, mit dem ich meine Arrangements gestalten wollte klar: Es sollte sich mal wieder – oder immer noch – hauptsächlich um Kirschblüten drehen. Am Samstagmorgen fanden sich mit mir drei weitere Kadoka in Marwitz ein. Eine Kollegin reiste sogar extra aus Jena an. Perfektes Wetter für unseren Arbeitsplatz im Freien hatten wir gebucht: Sonnenschein und 24 Grad. 
 

Austellungsraum


Der Präsentationsort für unsere Arrangements war allerdings nicht ganz so perfekt bzw. einfach, da wir unsere Ikebana zwischen den Antiquitäten, neben dem Café aufstellen sollten. Der Hintergrund war sehr unruhig. Es waren also Jiyûka mit Masse und starken Farben gefragt. Zudem konnten wir mit den zum Verkauf stehenden Utensilien arbeiten. Da allerdings im Vorfeld meist Überlegungen zur Größe des Arrangements, der Befestigungstechnik, der Blumenauswahl - kurz ein Konzept notwendig ist, hatte dann doch jede Kadoka zwei oder drei eigene Gefäße und auch das entsprechende Material mitgebracht. Aber es wurden auch vor Ort aufgefundene, besondere Behältnisse bestückt. Ein voluminöses Arrangement war für eine große Kommode direkt gegenüber dem Eingang gefragt.

Für diesen Platz hatte ich meine drei großen Glasgefäße in Form von Bambusstangen mitgebracht und einen großen weißem Mitsumata-Zweig, zu dem sich dunkelrosafarbene Kirschblütenzweige, zwei orangene Ranunkeln, einige weiße Narzissen im Hintergrund und große, interessante Aucuba japonica Blätter gesellten. Ein Jiyûka mit dem Schwerpunkt ‚Linie‘ das Breite erzeugt.
Jiyûka mit Kirsche 2
Jiyûka mit Kirsche 2a

Das zweite Arrangement sollte seinen Platz auf einer hohen, runden Rolle finden, die direkt an das Café angrenzte und vor einer farbenfrohen Wandbordüre stand. Auch hier war wieder Masse und Farbe gefragt. Diesmal kam die, für das Hanami bekannte japanische Kirsche mit dem Namen 'Kanzan' zum Einsatz. In Kombination mit Eucalyptus, Weidenkätzchen, fröhlichen Narzissen und Euonymus machten sie einen guten Job und waren farblich perfekt mit der Wandbordüre abgestimmt. Die Fotos zeigen die Ansicht von zwei Perspektiven.

Nun waren noch einige Quitten-Zweige im Gepäck, die mit weißen Tulpen auf einer zweiten etwas niedrigeren roten Rolle, in einem vor Ort entdeckten Gefäß, ihren Platz fanden.
Jiyûka mit Quitte
Jiyûka mit Kiefer
Auch ein etwas ruhigeres Jiyûka mit Kiefer sollte es geben. Eine kurznadelige Kiefer von Usedom, nach einem Sturm auf dem Boden liegend eingesammelt, kam mit Alpenveilchen in zwei 'kabu' zum Einsatz. Gegen Ende hatten wir die Idee unsere Arrangements noch einmal vor der wunderhübschen blauen Außenwand zu fotografieren, was entsprechend farbenfrohe Ergebnisse erzielte.
Jiyûka mit Kirsche 3
Jiyûka mit Quitte 3a
Zu guter Letzt konnte ich meine verbleibenden weißen Kirschblütenzweige in einer zwischen anderen Antiquitäten entdeckten braunen Flasche im Außenbereich drappieren. Da sie mir auch ohne zweites Material in diesem Behältnis ausgesprochen gut gefiel, blieb es dann bei dieser einfachen und für Ikenobô Ikebana etwas untypischen Variante.


Auch meine Ikebana-Kolleginnen haben sich mit diversen Formen und Farben ausgetobt und so war es ein buntes Miteinander vier unterschiedlicher Schulen: Ikenobô, Saga Goryu, Sogetsu und Kaden Ryu. Stärken konnten wir uns mit Kaffee auf’s Haus und auch von Beate mitgebracht oder mit einer Kartoffelsuppe vom Café. Sabine hatte einen Käsekuchen gebacken und ich einen Rüblikuchen. So konnten wir uns den ganzen Tag konzentriert und mit Freude mit unseren Arrangements beschäftigen. Einzig der Fotograf, der uns häufig mit seiner Foto-Kamera und Drohne umschwirrte, lenkte uns von unseren Ikebana in diesem perfekten ichi-go ichi-e Moment ab.

ichi-go ichi-e Die ichi-go ichi-e Weisheit kann auf verschiedene Aspekte des Lebens angewendet werden, sei es bei persönlichen Begegnungen, beruflichen Herausforderungen oder einfach beim Genießen eines ruhigen Augenblicks in der Natur. Indem wir uns auf den gegenwärtigen Moment konzentrieren und ihn bewusst leben, können wir ein tieferes Verständnis für die Schönheit und Flüchtigkeit des Lebens entwickeln. In einer Welt, die oft von Hektik und Stress geprägt ist, kann die Lehre von ichi-go ichi-e uns dazu inspirieren, achtsamer zu sein und das Leben in seiner Fülle zu erleben. Indem wir uns der Einzigartigkeit jedes Moments bewusst werden, können wir mehr Dankbarkeit, Gelassenheit und Erfüllung in unserem Leben finden.

In diesem Sinne bedanke ich mich bei den Inhaber*innen von Historische Bauelemente, dass sie uns die Gelegenheit für das Ikebana arrangieren vor Ort und die Präsentation unserer Werke ermöglicht haben; den netten Besucher*innen für zahlreiche positive Rückmeldungen und interessierte Fragen; meiner Kollegin Sabine für die Organisation dieses wunderbaren Moments, sowie den anderen Mitstreiterinnen Beate und Annette für die nette Gesellschaft an diesem Tag. Last but not least natürlich auch dem Wettergott, der uns mit Sonne und warmen Temperaturen an diesem Tag verwöhnte und so für zahlreiche, interessierte Besucher*innen sorgte. HERZLICHEN DANK für diesen wunderbaren und einzigartigen ichi-go ichi-e Moment!